Nur eine digitale Pflege- und Behandlungsdokumentation, die auf einer standardisierten Terminologie basiert, liefert strukturierte und auswertbare Daten, die auch jenseits des Krankenbetts relevant sind: sei es im Qualitätsmanagement, bei der automatisierten Ableitung von Scores oder Pflegegraden, bei der Abrechnung oder als Basis für AI-basierte Anwendungen. Terminologie-Standards lassen sich gut in Klinikinformationssysteme integrieren und entlasten das Klinikpersonal.
Es gibt sie noch, die klinikinternen Hauskataloge, in denen Arbeitsgruppen eigene Pflege- und Behandlungsstandards festschreiben. Je nach Größe der Einrichtung unterscheiden sich die Empfehlungen mitunter von Station zu Station. Auch handschriftlich ausgefüllte Formulare, beispielsweise im Rahmen der Anamnese, sind in vielen deutschen Krankenhäusern keineswegs passé.
Standardisierte Daten schaffen Transparenz
Simon Berger besucht als Produkt- und Projektmanager bei Thieme RECOM regelmäßig Kliniken. Dort trifft er auf unstrukturierte, analoge oder nur teilweise digitalisierte Dokumentationsprozesse. Das führt zu Problemen. „Mitarbeitende verschiedener Professionen wenden viel Zeit auf, um sämtliche Pflege- und Behandlungsmaßnahmen festzuhalten. Geschieht dies noch analog, führt das häufig zu unnötigen Datenredundanzen“, erklärt er. Aber auch wenn in einer digitalen Patientenakte dokumentiert wird, sage das erst mal nichts über die Qualität der erfassten Daten aus.
Berger empfiehlt, auf eine einheitliche und interdisziplinär nutzbare Terminologie zu setzen. „Nur dann sprechen alle am Behandlungsprozess Beteiligten eine Sprache und dokumentieren stringent nach vorgegebenen Standards“, erklärt Berger, der gemeinsam mit Kliniken und Softwareanbietern bereits zahlreiche Projekte umgesetzt hat. Durchgeführte und geplante Maßnahmen sind dadurch für alle gleichermaßen nachvollziehbar. Gleichzeitig wird damit die Voraussetzung für relevante Auswertungen geschaffen, die für die Personalplanung oder das Entlassmanagement herangezogen werden können.
Simon Berger, Senior Director Products & Projects, Member of the Management Board, Thieme RECOM
Mehr Effizienz durch intelligente Verknüpfungen
„Einheitliche Begrifflichkeiten sind die Basis für ein gemeinsames Verständnis und Handeln von Pflegenden, Mediziner*innen und Therapeut*innen“, so Berger. International gibt es bereits einige etablierte Referenzterminologien (s. Kasten). Thieme RECOM geht jedoch noch einen Schritt weiter. In seiner selbst entwickelten ENPTerminologie (European Nursing care Pathways) stellt das Unternehmen nicht nur klar definierte pflegerisch-medizinische Fachbegriffe zur Verfügung, sondern zusätzlich eine semantische Struktur, die Termini logisch miteinander verknüpft. Nutzende erhalten so schon bei Eingabe der Anamnese passende Vorschläge zu Pflegediagnosen und den anschließenden Maßnahmen. Damit bildet die Terminologie die Grundlage dafür, dass alle Beteiligten anhand der gleichen evidenzbasierten pflegerischen Konzepte arbeiten. Mit ENP können Kliniken so nicht nur den gesamten Pflege- und Behandlungsprozess abbilden, sondern auch eine gleichbleibend gute Behandlungsqualität erreichen. Zusätzlich hinterlegte Systeme zur Leistungserfassung und Personalberechnung sorgen dafür, dass aus der Dokumentation heraus für die Leistungsverrechnung und Personalplanung relevante Informationen automatisiert gezogen werden können. So kann beispielsweise auch ein Pflegebedarfsplan nach gesetzlichen Vorgaben (PPR 2.0) erstellt werden.
Anamnese und Befundung mit Struktur
Mit IDEA (Interdisciplinary Data based Electronic Assessment) bietet Thieme RECOM darüber hinaus eine standardisierte Anamnese- und Befundterminologie, die über 1 400 Textbausteine umfasst. Ein vergleichbares Angebot für Therapieberufe ist in Vorbereitung. „In Zukunft möchten wir auch Ergo- und Physiotherapeut*innen beziehungsweise Logopäd*innen bei Befundung, Therapieplanung und Dokumentation unterstützen“, kündigt Berger an.
Dr. Oliver Gapp, Senior Vice President, Thieme RECOM
Strukturierten Daten gehört die Zukunft
Über Mappings – logische inhaltliche Verknüpfungen – zu Terminologien wie SNOMED CT ist zudem sichergestellt, dass die standardisierten Datensätze ohne zusätzliche Eingaben und Anpassungen an andere Systeme weitergegeben werden können. „Wir unterstützen Kliniken dabei, ihre Dokumentationsprozesse digital und effizient zu gestalten. Dahinter steht der Wunsch, Anwender*innen auf Station zu entlasten und die Patientenversorgung zu verbessern“, erklärt Dr. Oliver Gapp, Senior Vice President bei Thieme RECOM. Neben den im Hintergrund liegenden Datenbanken könnten in das vorhandene KIS auf Wunsch auch benutzerfreundliche Eingabemasken eingebunden werden.
Mit der wachsenden Bedeutung von AI-basierten Anwendungen würden strukturierte Daten immer wichtiger. So sei die automatisierte Erstellung eines Arztbriefs aus den erhobenen Behandlungsdaten jederzeit möglich. „Wer mit Daten arbeiten will, kommt an Terminologie-Standards nicht vorbei. Sie sind ein elementarer Baustein im digitalen Gesundheitswesen – ohne wird es in Zukunft kaum gehen“, sind sich Gapp und Berger einig.