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„physioscience-Preis“ geht 2023 nach Zürich

Andrea Pötting, Editor and Project Manager Therapy Professions bei Thieme, übergibt gemeinsam mit Prof. Dr. Christian Kopkow (rechts) den physioscience Preis 2023, an Ulisse Patrizio Vogt (Mitte).

Stuttgart/Göttingen, November 2023 – Die Fachzeitschrift „physioscience“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) zeichnet in diesem Jahr Ulisse Patrizio Vogt von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) mit dem gleichnamigen Preis aus. Gemeinsam mit zwei Kolleginnen hat er untersucht, wie Physiotherapeutinnen und -therapeuten im Rahmen von Beratungsgesprächen kommunizieren. Im Fokus der Analyse steht die Gesprächsführung mit Patientinnen und Patienten mit axialer Spondyloarthritis (Morbus Bechterew). Die Preisverleihung fand im Rahmen des 7. Forschungssymposiums Physiotherapie am 18. November 2023 statt. Hier nahm der Erstautor die Auszeichnung stellvertretend für das dreiköpfige Team entgegen. Der prämierte Beitrag ist Anfang des Jahres in der „physioscience“ erschienen.

Morbus Bechterew ist eine chronische entzündlich-rheumatische Erkrankung, bei der Betroffene Rückenschmerzen und Beweglichkeitseinschränkung der Wirbelsäule haben. Neben der Einnahme von Medikamenten ist regelmäßige Bewegung ein Grundpfeiler der Therapie. Vor diesem Hintergrund hat die „Schweizerische Vereinigung Morbus Bechterew (SVMB)“ das sogenannte BeFit-Konzept für Patient*innen entwickelt. Das Programm sieht sowohl eine Bewegungstherapie in der Gruppe vor, als auch eine individuelle Beratung durch die Physiotherapeut*innen. Hier erhalten Patient*innen zusätzlich persönliche Empfehlungen hinsichtlich Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination. Ziel ist es, sie so zu einem regelmäßigen selbstständigen Training zu motivieren.

„Die sogenannte Patientenedukation ist eine wesentliche Komponente der physiotherapeutischen Praxis. Therapeut*innen informieren die Betroffenen über ihre Erkrankung und leiten sie dazu an, ihre Lebensführung so zu gestalten, dass sie ihre    Lebensqualität erhalten oder verbessern können“, erklärt Ulisse Patrizio Vogt. Wie gut beispielsweise Bewegungsempfehlungen umgesetzt werden, hängt dabei stark von den kommunikativen Fähigkeiten der Physiotherapeut*innen ab. Wissenschaftliche Untersuchungen zu deren Kommunikationskompetenz gibt es jedoch kaum. Die jetzt prämierte Studie liefert hierzu erstmalig Daten aus der Schweizer Praxis. 

Ulisse Vogt und seine Co-Autorinnen, Dr. Anne-Kathrin Rausch und Prof. Dr. Karin Niedermann, analysierten insgesamt 41 Beratungsgespräche, die von 12 verschiedenen Physiotherapeut*innen durchgeführt wurden. Mithilfe des Manuals „Calgary-Cambridge Referenced Observation Guide One“ betrachtete das Team sowohl den Gesprächsaufbau als auch die angewandten Kommunikationstechniken. Der Leitfaden, der ursprünglich für Anamnesegespräche zwischen Ärzten*innen und Patient*innen entwickelt wurde, umfasst 38 Kommunikationstechniken. Dazu gehören beispielsweise aufmerksames Zuhören, regelmäßige Zusammenfassungen des Gesagten oder leichtverständliche Fragen oder Kommentare. Der Gesprächsverlauf ist in 5 chronologische Abschnitte gegliedert: Einleiten der Sitzung, Informationssammlung, Strukturierung der Konsultation, Beziehungsaufbau und Beenden der Sitzung. 

„Unsere Analyse ergab, dass die Mehrheit der Physiotherapeut*innen die Beratungen mit ihren Patient*innen gut strukturiert durchführten. 32 der 38 der im Manual aufgeführten Kommunikationstechniken wurden angewandt, wenn auch mit unterschiedlichen Häufigkeiten“, fasst der Erstautor zusammen. Die vorliegenden Ergebnisse könnten dazu genutzt werden, die Therapeut*innen für die Beratungsgespräche zu schulen, um ihre Kommunikationskompetenz weiter zu verbessern, regt Vogt an.

Die Jury lobt insbesondere die saubere Methodik sowie die transparente und vollständige Darstellung der Ergebnisse der Originalarbeit. Darüber hinaus betont die Preiskommission: „Insbesondere bei chronischen Erkrankungen ist es wichtig, gemeinsam mit den Betroffenen therapiebegleitende Maßnahmen zu besprechen, mit denen sie ihre Lebensqualität aktiv und positiv beeinflussen können. Die Art und Weise wie Therapeut*innen das Gespräch mit ihren Patient*innen führen, ist dabei entscheidend. In ihrem Beitrag zeigen Ulisse Patrizio Vogt und seine Co-Autor*innen, worauf es bei einer zielgerichteten und patientenorientierten Kommunikation ankommt. Sie widmen sich damit einem sehr relevanten und gleichzeitig bislang wenig erforschten Thema.“ 

Jury
Die Preiskommission setzt sich im jährlichen Wechsel aus Herausgeberinnen und Herausgebern der „physioscience“ zusammen. Sie alle sind in der Forschung und Lehre in Deutschland und der Schweiz tätig. Jedes Jahr bewerten sie Fachartikel, die zwischen Juni des Vorjahres und Ende Mai des Auszeichnungsjahres in der Fachzeitschrift veröffentlicht wurden oder das Peer-Review-Verfahren erfolgreich durchlaufen hatten. Ein besonderes Augenmerk legt die Jury dabei auf die Relevanz des Beitrags für Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie die wissenschaftliche Qualität der Forschungsarbeit.

Preisverleihung
Die Preisverleihung hat am 18. November 2023 im Rahmen des 7. Forschungssymposiums Physiotherapie stattgefunden. Die Deutsche Gesellschaft für Physiotherapiewissenschaft e. V. (DGPTW) lädt hierzu jedes Jahr Physiotherapeutinnen und -therapeuten zum wissenschaftlichen Austausch ein. In diesem Jahr fand das Treffen auf dem Gesundheitscampus Göttingen der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst HAWK statt.

Erstautor Ulisse Patrizio Vogt
Ulisse Patrizio Vogt ist als diplomierter Physiotherapeut FH, MSc. in der Physiotherapie Praxis „Startpunkt Physio & Training“ in Zürich (CH) tätig. Als erfahrener Rehabilitations Spezialist unterstützt er Patient*innen mit diversen muskuloskelettalen Beschwerden und versucht deren Lebensqualität im gemeinsamen Entscheindungsfindungsprozess bestmöglich zu unterstützen. Die ganzheitliche, patientenzentrierte Therapie und Behandlung von Einschränkungen und Schmerzen am Bewegungsapparat seiner Patient*innen stehen hierbei für Ulisse Patrizio Vogt stets im Vordergrund. 

Ausgezeichneter Artikel
Ulisse Patrizio Vogt et al.:
Welche Kommunikationstechniken sind bei Physiotherapeut*innen während einer Bewegungsberatung mit Personen mit axialer Spondyloarthritis identifizierbar? – Eine Querschnittstudie
physioscience 2023; 19 (1); S. 24–32
DOI: 10.1055/a-1684-4508

Bewerbung für den kommenden „physioscience-Preis“ bis Mai 2024 möglich
Als deutschsprachiges Forum für wissenschaftlich interessierte Physiotherapeuten liefert die „physioscience“ viermal im Jahr aktuelle Erkenntnisse aus Forschung und Praxis. In die Bewertung für den nächsten „physioscience-Preis“ gehen alle Original- und Übersichtsarbeiten, Fallberichte und Publikationen zu Leitlinien ein, die zwischen Juni 2023 und Ende Mai 2024 im Peer-Review-Verfahren angenommen wurden. Alle Informationen zur Manuskripteinreichung finden Interessierte hier.