Mit Technologien Brücken bauen

Medizin-Wissen trifft AI

PRÄZISER, STÄRKER PERSONALISIERT UND ZIELGERICHTETER

Katrin Siems, Senior Executive Vice President, Global Head of Marketing & Sales bei Thieme
Digitale Hand und Anatomie der Hand zeigen auf Thieme Logo

Thieme gehört zu den führenden Anbietern medizinischer Fachinformationen. Welche Chancen und Perspektiven in der Verbindung qualitätsgesicherten Fachinhalte und standardisierter Patientendaten mit künstlicher Intelligenz liegen, darüber haben wir mit Katrin Siems, Senior Executive Vice President Marketing and Sales der Thieme Gruppe, und AI-Experte Alexander Thamm gesprochen.

Alexander Thamm, Gründer und CEO der Alexander Thamm GmbH

Zur Person

„Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit AI die Akteur*innen in der Patientenversorgung entlasten und die Behandlungsqualität erhöhen können!“

Katrin Siems leitet die Taskforce AI @Thieme. Als Senior Executive Vice President, Global Head of Marketing & Sales liegt ihr Fokus darauf, zukunftsfähige digitale Lösungen mit konkretem Kundennutzen an den Markt zu bringen.

Frau Siems, wie kann AI helfen, den großen Wissensschatz von Thieme und die konkreten Informationsbedarfe verschiedener Akteur*innen im Gesundheitswesen noch besser zusammenzubringen?

Katrin Siems: AI wird die Art und Weise, wie relevante Daten und Fachinformationen im Gesundheitswesen erfasst, aufbereitet und verfügbar gemacht werden, revolutionieren. Künstliche Intelligenz ermöglicht es, qualitätsgesicherte Fachinformationen zu konkreten Patientendaten auszuspielen. Dabei können die Inhalte präziser, stärker personalisiert und zielgerichteter auf die spezifischen Bedarfe jeder einzelnen Fachkraft – von Ärzt*innen über Pflegekräfte und Therapeut*innen bis zu Verwaltungsangestellten und dem Management – zugeschnitten und unmittelbar im Versorgungsprozess verfügbar gemacht werden.

Das fängt beispielsweise bei der Datenerhebung an. AI kann in Situationen, in denen Zeitdruck herrscht oder wenn Nutzer*innen lieber sprechen als tippen, zusammen mit einer Spracherkennung die Dokumentation des Patientengespräches und der Anamnese unterstützen. Daraus folgt, dass wir wiederum den Nutzer*innen auf Basis dieser Informationen genau die Fachinformationen zuspielen können, die an der jeweiligen Stelle des Behandlungsprozesses gerade benötigt werden.

Auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Wissensvermittlung und Wissensaneignung können eine neue Qualität bekommen, indem das Lernerlebnis mit AI auf Basis bisheriger individueller Lernfortschritte und -erfahrungen der Nutzenden individuell zugeschnitten wird. Ein Höchstmaß an Personalisierung wollen wir auch bei der fachlichen Recherche erreichen. Einem Kardiologen beispielsweise, der zum Thema Herzinsuffizienz recherchiert, können wir mit selbstlernenden Algorithmen proaktiv die neuesten Forschungsergebnisse zusammenstellen und in den aktuellen Forschungsstand einordnen.

Personalisierung mit AI ist auch bei der zukünftigen Bereitstellung von relevanten Fachinformationen entscheidend – ob beim Lernen oder am Point of Care. Die Nutzenden sollen genau das Format wählen können, das für sie gerade am besten passt. So könnte aus einem Fachartikel ein zusammenfassender Kurztext für die schnelle Lektüre zwischendurch, ein Video für die Couch zuhause oder ein Audio-Beitrag für die Autofahrt werden. AI ermöglicht hier einen hohen Grad an Automatisierung und Personalisierung. Die Angebote von Thieme können zudem mit AI-gestützten Übersetzungen einfacher zugänglich gemacht werden. Unsere passgenauen Inhalte werden in absehbarer Zeit mehrsprachlich und damit weltweit nutzbar sein.

Herr Thamm, Sie haben vielen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen geholfen, AI in Produkte und Prozesse zu integrieren. Welche Herausforderung sehen Sie für Unternehmen im Gesundheitswesen und welches Potenzial sehen Sie bei Thieme?

Alexander Thamm: Die größte Herausforderung beim Einsatz von AI ist, dass generische AI-Sprachmodelle mit dem ungefilterten Wissen aus dem Internet trainiert sind und gelegentlich auch halluzinieren, also Informationen nach Wahrscheinlichkeitsprinzipien zusammenstellen. Gerade im medizinischen Umfeld ist die Verlässlichkeit von Informationen aber das A und O.

Der große Wissensschatz, über den Thieme verfügt, ist langfristig der Wettbewerbsvorteil gegenüber solchen generischen AI-Modellen. Die medizinischen Informationen und Inhalte von Thieme, auf die AI zugreift und mit der sie lernt, wurden nachweislich von Expert*innen geprüft und didaktisch sinnvoll aufbereitet. Der zweite große Vorteil, den Thieme als Informationsdienstleister anderen Anbietern AI-basierter Informationsangebote voraus hat, ist das große Autor*innen- Netzwerk und die redaktionelle Expertise. Nur Menschen können aktuell originär neues Wissen schaffen. Eine AI ist dazu nicht in der Lage, da sie immer nur von bereits Vorhandenem lernt.

In der Zusammenarbeit mit den Thieme Mitarbeitenden habe ich eine große Aufbruchstimmung erlebt, der Wille zur Veränderung hin zu einem die Zukunft gestaltenden Tech-Unternehmen ist da –und gleichzeitig auch der Stolz auf die eigene Historie als führender medizinischer Fachverlag.

Zur Person

„Der große Wissensschatz, über den Thieme verfügt, ist langfristig der Wettbewerbsvorteil gegenüber generischen AI-Modellen.“

Alexander Thamm ist Gründer und CEO der Alexander Thamm GmbH [at], eines der führenden Anbieter von Data Science und Künstlicher Intelligenz im deutschsprachigen Raum.

An welchen Stellen im Gesundheitswesen kann AI den größten Nutzen entfalten?

Alexander Thamm: Eine Riesenchance sehe ich darin, dass eine AI, die auf verlässlichen Informationen trainiert ist, als eine Art „medizinischer Copilot“ dienen kann. Die AI sortiert, filtert und personalisiert das verlässliche Wissen und liefert dem Arzt oder der Ärztin genau die Informationen, die er oder sie in der konkreten Behandlungssituation benötigt. So können sich die Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten, wieder mehr auf die Patient*innen und das konzentrieren, was Menschen im Gegensatz zur AI auszeichnet: Intuition, Kreativität, die zwischenmenschliche Wahrnehmung und Zuwendung.

Wer digitale Lösungen für das Gesundheitswesen entwickelt, muss besondere Anforderungen beachten in Punkten wie Datenschutz oder Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse. Widerspricht das nicht dem Einsatz von AI – Stichwort „Blackbox“?

Katrin Siems: Eine Stärke von Thieme ist es, qualitativ hochwertige medizinische Fachinformationen und spezifisches Wissen für die Gesundheitsbranche für ganz unterschiedliche Nutzungsszenarien bereitzustellen. Damit bieten wir die perfekte Basis für den Einsatz von AI. Die höchste Priorität für Thieme haben hierbei die sensiblen Patientendaten, deren Vertraulichkeit und Sicherheit wir bei der Konzeptionierung von AI-Systemen berücksichtigen und gewährleisten müssen. Vertrauen der Anwender*innen in AI-Modelle kann dadurch aufgebaut werden, dass überhaupt keine „Blackbox“ entsteht, sondern die AI-Ergebnisse transparent und nachvollziehbar dargestellt werden.

Alexander Thamm: Grundsätzlich beruht jede Antwort einer AI auf statistischer Wahrscheinlichkeit. Man wird also nie zu 100 Prozent dieselbe Antwort erhalten. Je nachdem, wie eine AI aufgebaut wird, kann man aber die Abweichungen minimieren. Explainable AI, die ihre Entscheidungswege nachvollziehbar macht, ist ein solcher Ansatz, bei dem wir in Europa weit vorne sind. Wenn Thieme seine verlässlichen, qualifizierten und trotzdem einfach nutzbaren Informationen bereitstellt für solch ein nachvollziehbares AI-System, kann auch das ein großer Vorteil sein.

Wird es in drei oder fünf Jahren noch ein Produkt oder eine Anwendung von Thieme geben, die ohne AI auskommen?

Katrin Siems: AI wird fester Bestandteil unserer internen Prozesse wie auch unserer digitalen Lösungen werden, sei es durch den Einsatz im redaktionellen Prozess oder als integraler Bestandteil der Produkte selbst. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit AI die Akteur*innen in der Patientenversorgung entlasten und die Behandlungsqualität erhöhen können! Wir integrieren AI nicht als Selbstzweck, sondern weil wir damit wirklich eine bessere Medizin und mehr Gesundheit im Leben erreichen können.

Das Interview führte Dr. Andreas Mehdorn, Consultant Digital Health & Public Affairs, Thieme Communications

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